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Kennkarte für Emmy Sara Bäcker aus Gröbzig, 1939

Quellenkritische Einordnung

Mit der Verordnung über Kennkarten vom 22. Juli 1938 wurden Kennkarten als „allgemeiner polizeilicher Inlandausweis“ im Format A6 aus grauem, leinenverstärktem Papier im Deutschen Reich eingeführt. Für die meisten Bürgerinnen und Bürger waren ihr Erwerb und Gebrauch freiwillig, verpflichtend war sie für angehende Wehrpflichtige, Teilnehmende am sogenannten kleinen Grenzverkehr sowie Jüdinnen und Juden im Sinne der Definition der „Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“.

Dass Kennkarten für die Letztgenannten zusätzlich mit einem großen Buchstaben J versehen waren, machte diese vordergründig melderechtliche Maßnahme zugleich zu einem weiteren Schritt zur Ausgrenzung jüdischer Bürgerinnen und Bürger.

Inhaltliche Einordnung

Am Beispiel der Gröbzigerin Emmy Bäcker wird deutlich, dass die Aussagekraft dieser Dokumente über sonst übliche Passangaben hinausreicht. Insbesondere das Passfoto lässt es in ihrem wie in vielen anderen Fällen zu, den Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung ein Gesicht zu geben.

Die Zuweisung des Namens Sara folgte vermutlich der sogenannten Namensänderungsverordnung vom 17. August 1938, die in diskriminierender Absicht den angeblich typisch jüdischen Namen Sara für jüdische Frauen verpflichtend machte.

Überdies gibt eine zwanzig Jahre nach Kriegsende eingeholte Mitteilung der jüdischen Gemeinde in Hamburg an den Gröbziger Museumsleiter Robert Hobusch Auskunft über das weitere Schicksal von Emmy Bäcker: Sie wurde von Hamburg nach Minsk deportiert. Über ihren Weg von Gröbzig nach Hamburg und ihr weiteres Schicksal nach der Deportation freilich schweigt das Dokument, weitere archivalische Forschungen wären erforderlich.

Überlieferungsgeschichte

Die Ausführung der Verordnung oblag den Ortspolizei- und den Passbehörden. Da die Kennkarten doppelt ausgefertigt wurden und ein Exemplar bei der Passbehörde blieb, können sie auch auf zwei Wegen überliefert sein. Während sich in den staatlichen Überlieferungen des heutigen Landes Sachsen-Anhalt das Antragsverfahren für diese Karten dokumentiert findet, gehörte das vorliegende Stück höchstwahrscheinlich der Passinhaberin und gelangte nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sammlungen des Museums Synagoge Gröbzig. Dessen reichhaltige Überlieferung zur jüdischen Geschichte und zur Geschichte der Stadt Gröbzig wird seit 2017 als Depositum in der Abteilung Dessau des Landesarchivs Sachsen-Anhalt verwahrt.