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Be­stre­bun­gen zu Syn­ago­gen­neu­bau­ten in Mag­de­burg und Nord­hau­sen in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts

Quel­len­kri­ti­sche Ein­ord­nung

Die in der All­ge­mei­nen Ab­tei­lung des Ober­prä­si­den­ten der Pro­vinz Sach­sen an­ge­leg­te Akte mit der Si­gna­tur C 20 I, Ia Nr. 2357 wurde mit dem Titel „Ein­rich­tung von Ju­den­tem­peln in der Pro­vinz Sach­sen“ ver­se­hen, ent­hält je­doch le­dig­lich zwei Vor­gän­ge aus dem Zeit­raum 1828 bis 1837. Die ge­rin­ge Über­lie­fe­rung be­deu­tet al­ler­dings nicht, dass in die­sen oder auch in den fol­gen­den Jah­ren keine wei­te­ren Syn­ago­gen ein­ge­rich­tet wor­den wären, son­dern könn­te auch damit zu­sam­men­hän­gen, dass an­de­re Vor­gän­ge spä­ter ver­lo­ren­gin­gen oder dass an­de­re Pro­jek­te ohne Ein­be­zie­hung des Ober­prä­si­den­ten rea­li­siert wur­den.

In­halt­li­che Ein­ord­nung

Bei Bil­dung der Pro­vinz Sach­sen 1815/1816 und Ein­set­zung eines Ober­prä­si­den­ten als dem obers­ten Ver­tre­ter des Staa­tes in der Pro­vinz war die­sem auch die Über­wa­chung und Lei­tung des da­mals staat­li­chen Kon­sis­to­ri­ums, das heißt die Re­ge­lung kon­fes­sio­nel­ler An­ge­le­gen­hei­ten über­tra­gen wor­den. Mög­li­cher­wei­se war dies ein Grund dafür, dass sich die is­rae­li­ti­schen Ge­mein­den Nord­hau­sens und Mag­de­burgs der Un­ter­stüt­zung des Ober­prä­si­den­ten bei der Be­wil­li­gung ihres Syn­ago­gen­baus ver­si­chern woll­ten, wie der oben er­wähn­ten Akte zu ent­neh­men ist. Die Nord­häu­ser Juden ver­mu­te­ten im Ober­prä­si­den­ten von Kle­wiz aber auch einen für To­le­ranz ein­tre­ten­den Mann und er­hoff­ten sich daher von ihm Für­spra­che. Sie be­schrie­ben in ihrem Ge­such vom 27. Fe­bru­ar 1837 die Si­tua­ti­on ihrer „nahe 200 See­len in 40 Fa­mi­li­en“ um­fas­sen­den Ge­mein­de und den schlech­ten bau­li­chen Zu­stand sowie die Enge des für Got­tes­diens­te ge­nutz­ten Raums. Sie be­grün­de­ten die Dring­lich­keit ihres Wun­sches nach einer „ein­fa­chen aber wür­di­gen Syn­ago­ge“ auch damit, dass sie sich be­reits am 8. Juli und am 16. Ok­to­ber 1836 er­folg­los an den Ma­gis­trat von Nord­hau­sen und an die Re­gie­rung Er­furt ge­wandt hät­ten. Letz­te­re hätte ihnen zwar ver­si­chert, dass ihr Ge­such „hö­he­ren und al­ler­höchs­ten Ortes ein­ge­sandt wor­den“ sei, eine Ent­schei­dung aber fehle immer noch. Der Ober­prä­si­dent ver­wies in sei­ner Ant­wort je­doch le­dig­lich dar­auf, dass sich die Ge­mein­de mit der Bitte um Be­schleu­ni­gung an die Re­gie­rung Er­furt wen­den müsse, und sah of­fen­sicht­lich keine Not­wen­dig­keit, in ein lau­fen­des Ver­fah­ren ein­zu­grei­fen, womit die Über­lie­fe­rung in der Akte endet.

Im Namen der Mag­de­bur­ger jü­di­schen Ge­mein­de wand­te sich der Mag­de­bur­ger Me­di­zi­nal­rat Dr. An­dreae am 8. Juli 1828 an den Ober­prä­si­den­ten und be­rich­te­te ihm über das Vor­ha­ben der is­rae­li­ti­schen Ge­mein­de, eine neue Syn­ago­ge und eine Mikwe (ri­tu­el­les Rei­ni­gungs­bad) zu er­rich­ten. In sei­nem Ge­such schil­der­te er den Wunsch der Ge­mein­de, für das neue Bad aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den nicht wie bis­her Grund­was­ser zu nut­zen, wie es den jü­di­schen Ge­set­zen ent­spricht, son­dern sie mit­tels einer un­ter­ir­di­schen Was­ser­lei­tung mit Elb­was­ser zu fül­len, das zu die­ser Zeit ganz Mag­de­burg nutz­te.

Wei­ter­hin soll­te die Mikwe ge­fliest und mit einem Zu- und Ab­fluss aus­ge­stat­tet wer­den, um das Was­ser wech­seln und das Be­cken rei­ni­gen zu kön­nen. Zudem soll­ten das Was­ser und der Raum, in dem die Mikwe er­rich­tet wer­den soll­te, be­heiz­bar sein. Um si­cher zu gehen, ob eine sol­che Aus­stat­tung der Mikwe den Vor­schrif­ten der jü­di­schen Re­li­gi­on ent­sprach, bat die Ge­mein­de den Ober­prä­si­den­ten um Ver­mitt­lung eines Gut­ach­ters und nann­te hier­für den Ober­rab­bi­ner Jacob Moses Eiger aus Posen. Die­ser prüf­te die Wün­sche um­fas­send und be­für­wor­te­te in sei­nem Gut­ach­ten vom 29. Au­gust 1828 die der­ar­ti­ge Ein­rich­tung der Rei­ni­gungs­bä­der, drang aber auf strengs­te Ein­hal­tung der von ihm auf­ge­führ­ten Re­geln, da das Bad sonst für re­li­giö­se Zwe­cke un­brauch­bar sei. Zu­gleich stimm­te er der Nut­zung des Elb­was­sers zu, ver­band dies aber mit de­tail­lier­ten Vor­schrif­ten für Bau­ma­te­ria­li­en und -​ausführung. 

Über­lie­fe­rungs­ge­schich­te

Ob und wann der von der Mag­de­bur­ger Syn­ago­gen­ge­mein­de ge­plan­te Bau der Mikwe so aus­ge­führt wurde, wie der Ober­rab­bi­ner Poser dies vor­gab, lässt sich an­hand der im Lan­des­ar­chiv über­lie­fer­ten Quel­len nicht ver­fol­gen. Be­kannt ist je­doch, dass in Mag­de­burg am 14. Sep­tem­ber 1851 der Rab­bi­ner Lud­wig Phil­ipp­son eine Syn­ago­ge ein­weih­te. Be­le­ge, in­wie­weit deren Bau mit den 1828 von der jü­di­schen Ge­mein­de vor­ge­nom­me­nen Pla­nun­gen in Ver­bin­dung stand, lie­ßen sich im Lan­des­ar­chiv lei­der nicht er­mit­teln.

Eben­so lie­gen keine wei­te­ren Ar­chi­va­li­en zum Aus­gang des Ge­suchs der Nord­häu­ser Juden im Lan­des­ar­chiv vor. Hein­rich Stern schreibt in sei­ner 1927 her­aus­ge­ge­be­nen „Ge­schich­te der Juden in Nord­hau­sen“, dass die dor­ti­ge jü­di­sche Ge­mein­de 1842 mit dem Bau einer Syn­ago­ge be­gin­nen und diese am 12. Sep­tem­ber 1845 fei­er­lich ein­wei­hen konn­te, womit der im Ge­such an den Ober­prä­si­den­ten ge­äu­ßer­te Wunsch nach einer neuen Syn­ago­ge schließ­lich in Er­fül­lung ge­gan­gen war.