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Abschrift des Privilegs König Adolfs über die Verpfändung der von den Juden zu entrichtenden Reichssteuer in Barby, 1295.

Quellenkritische Einordnung

Adolf von Nassau war seit 1292 römisch-deutscher König. Er gehört zu den sogenannten Grafenkönigen, wurde von den Kurfürsten aufgrund seiner expansiven Thüringenpolitik für abgesetzt erklärt und verlor 1298 sein Leben im Kampf gegen den Gegenkönig Albrecht von Österreich.

König Adolf hielt sich längere Zeit in Thüringen auf, war durch kriegerische Auseinandersetzungen verschuldet und warb um Unterstützer seiner Expansionspolitik. Das in der Reichsstadt Mühlhausen ausgestellte Privileg vom 9. Januar 1295 ist ein Beispiel einer typischen, in Latein verfassten Königsurkunde des ausgehenden 13. Jahrhunderts. Das Original der Urkunde ging leider verloren. Es liegt hier als Abschrift aus dem 17. Jahrhundert mit interessanter Zeichnung des am Original anhängend gewesenen kleinen Thronsiegels vor. (Zum Vergleich dieser Zeichnung mit dem Originalsiegel des Königs siehe die Abbildung aus Otto Posses Werk „Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige“, Band 5, Seite 34).

Inhaltliche Einordnung

König Adolf versprach im vorliegenden Privileg dem Edlen Albrecht von Barby („Barbey“) in Hinblick auf dessen angekündigte willkommenen Dienste für den König die Zahlung von 300 Mark Silber und gab ihm als Sicherheit dafür die jährliche Nutznießung der Steuerzahlung von den in der Herrschaft Barby ansässigen Juden des Reiches so lange zum Pfand, bis die geliehene Geldsumme an Albrecht oder an dessen Erben von ihm oder dem künftigen Reichsoberhaupt ausgezahlt sei. Albrecht von Barby wurde außerdem verpflichtet, nach Rückerhalt des Geldes davon Güter anzukaufen und diese dann als Reichslehen zu tragen. Damit wollte sich der König die dauerhafte Bindung der Edlen Herren von Barby an das Reich und die Unterstützung seiner Politik sichern.

Eine allgemeine Judensteuer hatten die Juden seit dem 13. Jahrhundert zu entrichten. Sie wurde gerechtfertigt mit dem Schutz, den die deutschen Kaiser und Könige „ihren“ Juden gewährten. Allerdings zeichnete sich mit dem vorliegenden Beispiel bereits ab, dass die Judensteuer im Spätmittelalter immer häufiger verpfändet oder anderweitig übertragen wurde und das persönliche Schutzverhältnis zwischen dem Kaiser und seinen oft so genannten „Kammerjuden“ in Bedeutungslosigkeit versank.

Die Edlen von Barby besaßen die Herrschaft Barby südöstlich von Magdeburg, als deren Sitz die gleichnamige Burg am linken Ufer der Elbe diente. Die vorliegende Urkunde belegt, dass im Jahr 1295 in dieser Herrschaft bereits mehrere Juden ansässig waren, die an den König Steuern entrichten mussten. Sie gehört damit zu den wenigen frühen Belegen über jüdisches Leben im heutigen Land Sachsen-Anhalt, das sich damals auch in kleineren Orten wie in Barby an der Elbe abspielte.

Überlieferungsgeschichte

Die Abschrift der Urkunde von 1295 ist in der wissenschaftlichen Foschung bislang kaum bekannt. Sie ist enthalten in einer Verwaltungsakte mit der Signatur A 31a, Nr. 497, Bl. 1 aus dem Bestand A 31a Grafschaft (später Fürstentum Sachsen-) Barby mit Mühlingen und Walternienburg. Die Akte trägt den Titel „Die Juden zu Barby“ und wurde in einem Zeitraum von 100 Jahren von 1617 bis 1717 geführt. In jener Zeit muss das Original der Urkunde von 1295 noch in Barby vorhanden gewesen sein, so dass die Abschrift um 1650 enstanden sein dürfte.

Nach der Auflösung der Grafschaft Barby, die im 18. Jahrhundert an das Kurfürstentum Sachsen fiel, gelangten deren Archivalien größtenteils an das 1823 gebildete preußische Provinzialarchiv in Magdeburg, dem Vorgänger des Landesarchivs Sachsen-Anhalt.

 

Die Urkunde können Sie hier herunterladen:

LASA, A 31a, Nr. 497, Bl. 1 VS 

LASA, A 31a, Nr. 497, Bl. 1 RS