„Zur Geschichte der Juden in Magdeburg“: eine Zusammenfassung des Rabbiners Moritz Güdemann, 1866
Quellenkritische Einordnung
Eine jüdische Bevölkerung in Magdeburg wurde erstmals für das Jahr 965 explizit erwähnt. Wahrscheinlich gab es jedoch schon früher jüdische Gemeinden in der Gegend, wofür allerdings schriftliche Belege fehlen. Die anschließende Geschichte der jüdischen Bevölkerung lässt sich, wie diese exemplarische archivische Spurensuche zeigt, mithilfe unterschiedlicher Quellen rekonstruieren. Allerdings war die lange Tradition jüdischen Lebens in Magdeburg auch bei der jüdischen Gemeinde selbst im 19. Jahrhundert längst in Vergessenheit geraten.
Dies nahm Moritz Güdemann, von 1862 bis 1866 als Rabbiner in Magdeburg tätig, zum Anlass, mithilfe der Überlieferung des Königlichen Provinzialarchivs, dem heutigen Landesarchiv, die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Magdeburg zu rekonstruieren.
Die besondere Schwierigkeit lag für den Rabbiner darin, aus einer kleinen Auswahl überlieferter Quellen mit jüdischen Bezügen eine Darstellung zu erarbeiten, in der auch die Sicht der jüdischen Bevölkerung berücksichtigt wird. Seine Absicht war es, vor dem Hintergrund der antisemitischen Diskriminierungen vergangener Zeiten den sich nunmehr vollziehenden „Siegeslauf“ nachzuzeichnen, „in welchem Aufklärung und echte Toleranz über die Hindernisse der Unduldsamkeit und confessionellen Beschränktheit hinweg unaufhaltsam vordringen.“ (S. 26) Damit artikuliert Güdemann zentrale liberale Forderungen und den damit verbundenen Fortschrittsoptimismus, dass diese sich schließlich durchsetzen und in eine Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung münden. Sein Abriss „Zur Geschichte der Juden in Magdeburg“ verfasste er damit durchaus in politischer Absicht: Zur Erbauung der jüdischen Bevölkerung und als Aufforderung an die preußische Regierung, sich dem unaufhaltsamen Siegeslauf von Aufklärung und Toleranz nicht in den Weg zu stellen.
Inhaltliche Einordnung
Das von Güdemann vorgelegte Buch ist ein kurzer Abriss der Geschichte seit der ersten Erwähnung einer jüdischen Gemeinde in Magdeburg im Jahre 965 bis zur Vertreibung im Jahre 1492. Anhand überlieferter Beispiele trägt Güdemann die Geschichte von „seltenen Begünstigungen und häufigen Quälereien, von Schonung und Erpressung, Duldung und Verfolgung“ (S. 9) zusammen, welche die jüdische Gemeinde durchlebte. So wird von mehreren Vertreibungen berichtet, welche zur damaligen Zeit allesamt mit Gerüchten über grausige Taten der Juden begründet wurden, aber auch von Beistand in Zeiten der Not, beispielsweise durch den Erzbischof Otto im Jahre 1349, sowie von Handelsbeziehungen in allen Gesellschaftsschichten.
Überlieferungsgeschichte
Wann das Werk in den Besitz des Landesarchivs kam, kann nicht genau bestimmt werden. Ursprünglich bereits 1865 in der Zeitschrift Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums publiziert, liegt hier ein Sonderdruck des Textes von 1866 vor. Zwar war Güdemann selbst in diesem Jahr noch in Magdeburg tätig, jedoch ist eine spätere Zusendung zur Aufnahme in den Archivbestand wahrscheinlicher, da der Archivstempel auf dem Titelblatt das Exemplar als Eigentum des Königlich-Preußischen Provinzial-Archivs zu Magdeburg kennzeichnet, wie das Landesarchiv seit 1867 bezeichnet wurde.
Der Scan eines anderen Druckexemplars aus der Bayerischen Staatsbibliothek steht hier zur Verfügung.