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Bestimmungen für jüdische Kurgäste in Bädern und Kurorten aus den Jahren 1937 und 1939

Quellenkritische Einordnung

Die zunehmende Entrechtung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mündete in die Nürnberger Rassengesetze, die am 15. November 1935 beschlossen wurden. Sie waren die Legimitationsgrundlage für deren weitere Diskriminierung und Verfolgung.

Das in dem Runderlass des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 24. Juli 1937 zitierte Reichsbürgergesetz war eines der beiden Nürnberger Rassegesetze. Es teilte die deutsche Bevölkerung in Reichsbürger („Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes“) und so bezeichnete einfache Staatsangehörige („Angehörige rassefremden Volkstums“). Wesentlich bedeutsamer als das Reichsbürgergesetz selbst waren die auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zum Reichsbürgergesetz, deren erste vom 14. November 1935 eine nationalsozialistische Definition des Begriffs „Jude“ beinhaltete: Juden waren Personen, von deren Großeltern drei oder vier der „Rasse nach“ jüdisch waren.

Die sich nach der Reichspogromnacht (9./10. November 1938) noch verschärfenden Maßnahmen gegen die noch in Deutschland verbliebene jüdische Bevölkerung kommen auch in dem am 16. Juni 1939 veröffentlichten Runderlass des Reichsministers des Innern zum Ausdruck. Jüdinnen und Juden hatten spätestens ab diesem Zeitpunkt nur noch in seltenen Ausnahmefällen – und mit Einschränkungen – die Möglichkeit, eine Kureinrichtung zu nutzen.

Inhaltliche Einordnung

In einem den Regierungspräsidenten zugestellten Runderlass des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 24. Juli 1937, welcher von diesen an die Landräte und Oberbürgermeister des jeweiligen Regierungsbezirks weiterzuleiten war, betreffend „Jüdische Kurgäste in Bädern und Kurorten“ wurde unter anderem festgelegt, dass jüdische Kurgäste in Heilbädern in damals noch bestehenden jüdischen Kureinrichtungen, Hotels und Pensionen getrennt von den übrigen Kurgästen unterzubringen waren. Die Nutzung von zu Heilzwecken dienenden Gemeinschaftseinrichtungen in den Kurorten, wie Trinkhallen oder Badehäuser, war nur mit Einschränkungen möglich. In den übrigen Heilbädern beziehungsweise Kurorten (in denen keine jüdischen Einrichtungen vorhanden waren) konnten Jüdinnen und Juden zu diesem Zeitpunkt bereits gänzlich von den Kureinrichtungen ausgeschlossen werden.

In einem am 16. Juni 1939 veröffentlichten Runderlass des Reichsministers des Innern betreffend „Juden in Bädern und Kurorten“ wurde der Erlass vom 24. Juli 1937 aufgehoben und die Bestimmungen nochmals verschärft. Jüdische Kurgäste konnten ab diesem Zeitpunkt nur noch aufgrund eines ärztlichen Attests – von jüdischen Medizinern ausgestellte Verordnungen mussten vom zuständigen Gesundheitsamt bestätigt werden – im Einzelfall eine Behandlung in einem Heilbad beziehungsweise Kurort in Anspruch nehmen. Als weitere Voraussetzung wurde eine getrennte Unterbringung von den übrigen Kurgästen vorgeschrieben.

Überlieferungsgeschichte

Die erwähnten Dokumente sind Teil einer Akte des Bestandes C 50 Landratsamt und Kreiskommunalverwaltung Zeitz zum Betreff „Kurbetriebe und Badeanstalten“, 1934-1939 (C 50 Zeitz B, Nr. 273). Die Akten dieses Bestandes wurden im Zeitraum von 1953 bis 1966 aus dem Kreisarchiv Zeitz in das damalige Staatsarchiv Magdeburg übernommen und dort geordnet und verzeichnet. Sie sind am für das Archivgut des preußischen Regierungsbezirks Merseburg zuständigen Standort Merseburg des Landesarchivs Sachsen-Anhalt benutzbar.

Der Bestand C 50 Zeitz enthält noch weitere Akten bzw. Dokumente, welche den Umgang mit der jüdischen Bevölkerung im früheren Landkreis Zeitz – insbesondere in der NS-Zeit – betreffen, darunter auch Schriftverkehr zur Ausführung der von übergeordneten staatlichen Stellen erlassenen Anordnungen. Dabei handelt es sich unter anderem um Richtlinien über die Änderung jüdischer beziehungsweise jüdisch klingender Namen sowie um Anweisungen zur Benutzung von Verkehrsmitteln durch Juden. In einer Akte des genannten Bestandes ist außerdem ein von der Kreisleitung der NSDAP erstelltes Verzeichnis vom 23. Juni 1938 über die zu diesem Zeitpunkt noch in der Stadt Zeitz ansässigen Juden und sogenannten Halbjuden sowie der jüdischen Geschäfte überliefert.