Kaiser Otto I. verleiht dem Mauritiusstift in Magdeburg neben vielen andern Vorrechten die Gerichtsbarkeit über die dortigen „Juden und anderen Kaufleute“, Königspfalz Magdeburg, 965 Juli 9
Quellenkritische Einordnung
Die Urkunde ist nicht als Originalausfertigung erhalten, sondern als etwa 130 Jahre jüngere Kopie im „Liber privilegiorum S. Mauritii Magdeburgensis“. Die Erwähnung der „judei“ findet sich auf der ersten Seite in der achten Zeile von unten.
Beim Abschreiben auf kostbares Pergament wurde Platz gespart, die Urkunde beginnt nicht einmal in einer neuen Zeile, sondern schließt sich mit „IN NOMINE SANCTE ET INDIVIDUE TRINITATIS“ direkt an den letzten Namen in der Vorurkunde an. Nur durch diese Großbuchstaben und durch die Randbemerkung „De banno in Magadaburg“ wird signalisiert, dass ein neuer Text anfängt.
Auf der zweiten Seite fällt sofort das Otto-Monogramm ins Auge, das der Kopist zur Erhöhung der Authentizität mit abzeichnete. Ansonsten ist der Text sehr schlicht gehalten. Auch die Folgeurkunde beginnt in derselben Zeile wie die aktuelle endet, sogar nur in Kleinbuchstaben.
Inhaltliche Einordnung
Diese Urkunde Ottos des Großen ist die erste ausdrückliche Erwähnung von Juden in Magdeburg und die erste genau datierte im heutigen Sachsen-Anhalt. Alle (erwachsenen männlichen) Juden werden als Kaufleute eingeordnet, die Größe dieser – offenbar auch schon rechtlich gefassten – Gemeinschaft oder die Lage ihrer Wohnplätze leider nicht angegeben. Die Hervorhebung in einer Kaiserurkunde weist aber auf eine bedeutendere Anzahl und eine bereits längere Verweildauer hin. Und tatsächlich dürften jüdische Kaufleute schon in karolingischer Zeit in Magdeburg tätig gewesen sein und allmählich eine beherrschende Stellung im Fernhandel des Elberaums eingenommen haben.
Gemäß der mittelalterlichen Auffassung einer vom christlichen Gott übergebenen Herrschergewalt wird auch der nichtchristliche Bevölkerungsanteil in kirchliche Werte und Machtstrukturen einbezogen. Mit der Verleihung der Gerichtsbarkeit über die ökonomisch bedeutende Bevölkerungsgruppe der Juden stärkte Otto der Große die Moritzkirche und damit das in Gründung befindliche Erzbistum.
Überlieferungsgeschichte
Die Urkunde hat als Vorbild für diejenige des Sohnes und Nachfolgers Otto II. gewirkt – er wiederholt kurz nach dem Tod seines Vaters das Privileg fast wörtlich, nur dass diesmal nicht mehr das Kloster, sondern der 968 eingesetzte Erzbischof der Begünstigte ist.
Darüber hinaus wurde der Text auch später noch mehrmals handschriftlich kopiert, und zwar in ein sehr umfangreiches Papierkopiar des 15. Jahrhunderts sowie in beglaubigter Form in einige Akten.
Die Urkunde können Sie hier herunterladen:
Den kompletten „Liber Privilegiorum S. Mauritii Magdeburgensis“ finden Sie hier.