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100 Jahre Bahnhof Dessau-Süd

Das vorläufige Urteil des „Anhaltischen Anzeigers" vom 13.9.1925 war eindeutig, nachdem der Reiseverkehr nach Dessau-Süd zunächst nicht die Erwartungen erfüllte: Die Stadt Dessau habe „einen schweren Fehler gemacht, als sie für den Südbahnhof den Haltepunkt Haideburg opferte“. Der Stadt wurde vorgeworfen, damit die Interessen der Eisenbahnverwaltung über die der Törtener Bürger gestellt zu haben. Letztere mussten nach der Schließung Haideburgs nämlich 10 Minuten längere Fußmärsche auf schlecht ausgebauten Wegen hinnehmen und dies, obwohl ein unmittelbarer Nutzen nicht erkennbar war. Für die Reichsbahn hingegen stellte der Bahnhof Dessau-Süd einen wichtigen Teil der Infrastruktur ihres neuen Ausbesserungswerks dar, welches sich bereits im Bau befand, letztendlich aber erst 1929 eröffnet wurde. 
Immerhin wurden dem neuen Bahnhofsgebäude im „Anhaltischen Anzeiger“ gute Bauformen mit einer geschmackvollen und zweckmäßigen Inneneinrichtung attestiert. Die zugängliche Vorhalle war beheizbar und mit Bänken für die Reisenden versehen; zwei Fahrkartenschalter und ein Gepäckschalter würden „der Hoffnung auf eine bessere verkehrsreichere Zeit Ausdruck geben“. An der Einrichtung wurde nur die „kümmerliche Petroleumbeleuchtung“ kritisiert, die aber wohl bald durch eine elektrische ersetzt werden würde. Kritik wurde an den Bahnsteigen geäußert, denen der Dachschutz fehlte. Außerdem war aus Sparsamkeitsgründen auf den ursprünglich vorgesehenen Tunnelverzichtet worden, so dass Reisende in Richtung Leipzig die Schienen überqueren mussten, was wegen der Unfallgefahr als „eine bedenkliche Sache“ angesehen wurde. Die Vorgeschichte des Bahnhofsbaus hatte allerdings schon früher begonnen. Bereits 1921 gingen bei der Reichsbahndirektion Halle die ersten Schreiben der Aktiengesellschaft für Anilin-Fabrikation (AGFA) in Wolfen ein, die für die große Zahl ihrer Beschäftigten aus dem südlichen Teil Dessaus bessere Verkehrsbedingungen durch einen Bahnhofsneubau reklamierten. 

Das Archivale des Monats August – eine Ansichtszeichnung des neuen Bahnhofsgebäudes Dessau-Süd - und weitere Dokumente zur Thematik können am Standort Dessau des Landesarchivs innerhalb der Öffnungszeiten des Lesesaals (Mi 9-17 Uhr, Do 9-19 Uhr) eingesehen werden.