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Fahndung nach den Mördern von Walther Rathenau

Am 24. Juni 1922 wurde der linksliberale Reichsaußenminister Walther Rathenau (1867–1922) in Berlin ermordet. Die beiden Attentäter, der 23-jährige Student und Marineoffizier Erwin Kern (1898–1922) und der 26-jährige Maschinenbauingenieur Hermann Fischer (1896–1922), welche für die Tat sowohl eine Maschinenpistole als auch eine Handgranate verwendet hatten, gehörten der rechtsextremen und antisemitischen Terrororganisation Organisation Consul (O.C.) an, die bereits Attentate auf Matthias Erzberger und Philipp Scheidemann verübt hatte. 

Nach dem Attentat an Walther Rathenau flüchteten Kern und Fischer aus Berlin. Wie eine im Bestand C 49 Polizeipräsidium Halle in der Abteilung Merseburg des Landesarchivs Sachsen-Anhalt erhaltene, recht umfangreiche Akte (LASA, C 49, Nr. 2) über die Flucht und Fahndung nach den Mördern Walther Rathenaus belegt, führte die Spur zu den Attentätern in die preußische Provinz Sachsen. 

Demnach seien laut Fahndungsaufruf der Kriminalpolizei von Halle vom 11. Juli 1922 am „9. Juli 8 Uhr nachmittags […] bei Lenzen zwei männliche Personen über die Elbe geflüchtet, die als die Rathenaumörder Fischer und Kern unzweifelhaft erkannt worden sind, als die Behörde auf sie aufmerksam wurde. Ihre Spur wurde verfolgt über Gardow im Kreis Lücho [sic!], über Arendsee bis in Richtung Gardelegen, wo angenommen wird, daß sie diese Stadt noch nicht passiert haben. Die beiden Personen, die anscheinend nur des nachts fahren und sich am Tage verborgen halten, haben in der Nähe von Arendsee eine Generalstabskarte verloren. Sie werden sich also vermutlich durch Fragen über den Weg unterrichten.“ 

Neben einer genauen Personenbeschreibung führt die Meldung weiter aus, dass der „Kriminalpolizei Aschersleben zufolge […] am 10. Juli nachmittags zwei Männer auf der Landstraße bei Sandersleben in Richtung Halle gesehen worden, jeder mit einem Fahrrad […] Es ist zu vermuten, daß es sich auch hier um die beiden […] Mörder Rathenaus handelt.
 

Tatsächlich sollte die Konzentration der Fahndungsbemühungen auf die Provinz Sachsen entscheidend sein, denn bereits am 16. Juli 1922 entdeckten zwei Hamburger Kaufleute, so der ebenfalls in Akte enthaltene Bericht des Kriminalinspektors Holters, zwei Verdächtige Personen auf der Burg Saaleck, die zum damaligen Zeitpunkt einem weiteren Mitglied der Organisation Consul, Dr. Hans Wilhelm Stein (1875–1944), gehörte. Tatsächlich hatte besagter Stein, wie die späteren Ermittlungen ergaben, den beiden Rathenaumördern Unterschlupf gewährt. Am Morgen des 17. Juli 1922 wurden Erwin Kern und Hermann Fischer durch zwei Beamte gestellt. Bei dem dabei stattfindenden Schusswechsel starb Erwin Kern sofort. Hermann Fischer erschoss sich hingegen selbst. Ein am 22. Juli 1922 durch die beteiligten Polizeibeamten erstellter, mehrseitiger Bericht über die Ereignisse am 17. Juli 1922 verleiht der im Landesarchiv Sachsen-Anhalt bewahrten Akte deren besonderen Überlieferungswert.