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Personen, Antisemitismus und systematische Ausgrenzung

Nachdem die bisherigen Schlaglichter das breite Spektrum jüdischer Spuren in der Geschichte des heutigen Sachsen-Anhalt beleuchten, beziehen sich die folgenden Quellen auf bekannte jüdische Persönlichkeiten, an deren Handeln und späterem Andenken sich der Konflikt zwischen gesellschaftlicher Anerkennung und systematischer Ausgrenzung nachvollziehen lässt.

Der Umgang mit dem 1890 eingeweihten Denkmal für den bedeutenden jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn in seiner Geburtsstadt Dessau zeigt die besondere Ehrung eines berühmten Sohnes der Stadt aufgrund seiner Lebensleistung. Dafür erhielt das Denkmal zunächst einen prominenten Aufstellungsort am Bahnhofsvorplatz. Die systematische Ausgrenzung jüdischen Lebens, die unter den Nationalsozialisten ihren Höhepunkt fand, manifestierte sich in einer Umsetzung des Denkmals auf den Israelitischen Friedhof und schließlich in der vollständigen Entfernung des Denkmals.

Obgleich oftmals mit offenem oder latentem Antisemitismus konfrontiert, finden sich nicht nur im kulturellen, sondern auch im wirtschaftlichen Bereich Beispiele wie etwa dasjenige des erfolgreichen Chemikers und Unternehmers Franz Oppenheim, der als Geschäftsführer maßgeblichen Einfluss auf die 1894 erfolgte Gründung der Farbenfabrik Wolfen hatte.

Der anhand von individuellen Beispielen nachvollziehbare Übergang von latenter zu offener und schließlich systematischer Ausgrenzung erfolgte in einem ständigen Widerstreit zwischen Anerkennung und Ausgrenzung, der sich in Eingaben an staatliche Stellen und Vorschriften niederschlägt. Dieser Konflikt zwischen Emanzipation und Antisemitismus während des Kaiserreichs und der Weimarer Republik wird anhand von zwei Quellen über antisemitische Agitation sowie die Fürsprache jüdischer Organisationen für von der Ausweisung bedrohte Juden beleuchtet.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten spitzte sich in den 1930er Jahren die systematische Ausgrenzung jüdischen Lebens aus der Geschichte und Gegenwart zu. Jüdinnen und Juden wurden aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gedrängt: Exemplarisch für die Verdrängung aus Staat und Verwaltung ist ein Erlass des Reichskommissars für das preußische Justizministerium vom 31. März 1933 über das Entfernen der Juden aus dem Justizapparat.
Daneben wurden jüdische Geschäftsleute gezielt in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt und ihres Lebensunterhalts beraubt, wie der Boykott jüdischer Firmen in Gardelegen und Schönebeck zeigt.
Durch die Verordnung über Kennkarten vom 22. Juli 1938 wurden Kennkarten als „allgemeiner polizeilicher Inlandsausweis“ eingeführt. Mithilfe des Großbuchstabens „J“, wie im Falle der Kennkarte für Sara Emmy Bäcker aus Gröbzig, wurden jüdische Personen diskriminiert.
Anhand derartiger Kennzeichnungen konnten weiterführende Diskriminierungsmaßnahmen in die Praxis umgesetzt werden. Einen Eindruck vom Ausmaß des umfassenden Diskriminierungsreglements bieten die Bestimmungen über jüdische Kurgäste in Bädern und Kurorten, welche die jüdische Bevölkerung auch in diesem Bereich zunächst separierte, um sie schließlich vollständig auszuschließen.
Die Einschränkung des Kontakts zur nicht-jüdischen Bevölkerung umfasste nicht allein das öffentliche Leben, sondern drang bis in die Privatsphäre ein. In Umsetzung der sogenannten „Nürnberger Gesetze“ von 1935, welche Eheschließungen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Ehepartnern verboten, wurde auch die Auflösung bereits bestehender Ehen betrieben. Der Antrag der Margarete Schwab auf Aufhebung des Ehescheidungsurteils, führt ein solches Familienschicksal vor Augen.