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Diarien des Klosters Unser Lieben Frauen zu Magdeburg wiedergefunden

Die Forschung mit Archivalien ist immer auch historische Detektivarbeit. Für Forschende und Archivar*innen ist es daher eine besondere Freude, wenn eine lang gesuchte Quelle gefunden werden kann.

Einen solchen Fund machte das Landesarchiv Sachsen-Anhalt zusammen mit einem Schweizer Forscher zum Jahresende 2023. Sein Tipp führte zu einem achtbändigen Archivale, das im Aktenbestand des Klosters Berge vor Magdeburg verzeichnet war. Mithilfe der alten Behördenfindbücher konnte ermittelt werden, dass es sich bei diesen um die lange verschollen geglaubten sieben Diarien sowie ein Konferenzprotokoll des Klosters Unser Lieben Frauen zu Magdeburg handelt. Diarien sind Tagebücher, in denen der Propst oder der Prokurator eines Klosters die täglichen Vorgänge aufzeichnete. Sie sind einzigartige Quellen, um den Alltag dieser Institutionen, deren Personalpolitik sowie Verpflichtungen und Verbindungen nachverfolgen zu können.
 

Doch wie kam es zu dieser Verwechslung? Die alten Behördenfindbücher bringen hier etwas Licht ins Dunkel. Im Jahr 1913 wurde von Dr. C. Schlockwerder eine Bestandsrevision der Akten des Klosters Unserer Lieben Frauen vorgenommen. Das Fehlen der besagten Diarien trug er mit Bleistift in das Behördenfindbuch von 1830 ein. Der gesamte Aktenbestand des Klosters Unser Lieben Frauen wurde jedoch erst 1932 an das damalige Staatsarchiv Magdeburg abgegeben. Somit erfolgte die Verunordnung bereits vor der Abgabe ins Archiv! 

Die Prüfung des Bestandes des Klosters Berge ergab wiederum, dass im Jahr 1903 ein Repertorium der Akten des Klosters Berge angefertigt wurde. In der Abschrift des Staatsarchivs tauchen nun schon die Diarien und das Konferenzprotokoll des Klosters Unserer Lieben Frauen fälschlicherweise als Protokollbücher des Klosters Berge unter der Sammelsignatur Rep. A 4k I, P Nr. 61 a-i auf. Es ist daher anzunehmen, dass es wahrscheinlich bei einer Aktenumlagerung zur Verunordnung der beiden Aktenbestände kam. Denn nach der Auflösung des Klosters Berge im Jahr 1810, wurden dessen Akten zum Teil auch im Kloster Unser Lieben Frauen gelagert (vgl. Gesamtübersicht des Landeshauptarchiv Magdeburg, Bd. 1, S. 121).

Über 120 Jahre später sind die verschollen geglaubten Archivalien nun wieder aufgetaucht. Die sieben Diarien aus der Zeit von 1680 bis 1708 sowie das Konferenzbuch von 1740 sind nun wieder im Bestand A 4f Kloster Unser Lieben Frauen zu Magdeburg unter den Signaturen A 4f, Nr. 3893-3900 benutzbar. Jedoch bleibt ein Wermutstropfen: Leider lassen aufgefundene Fragmente vermuten, dass das Diarium des Propstes Müller aus der Zeit von Juni bis Dezember 1688 dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen ist.