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Konzession zur Feier des jüdischen Neujahrsfestes, 1681

Quellenkritische Einordnung

Auf Veranlassung des Landesherrn Viktor I. Amadeus von Anhalt-Bernburg (1634-1718) erteilte die fürstliche Regierung der in der Residenzstadt Bernburg ansässigen jüdischen Bevölkerung am 30. August 1681 eine Konzession zur Feier ihres Neujahrsfestes, die in den Regierungsakten als Konzept überliefert ist. Einleitend wird im Text auf ein vorangegangenes Gesuch des Juden Joseph Michael Bezug genommen, was jener im Namen seiner „Genossen“ an den Fürsten richtete. Die Bitte um Genehmigung der Feier schloss zugleich die Zulassung von Gästen aus benachbarten Orten ein, „daß eine Zahl von Zehen Persohnen ergäntzet werde.“ Die Konzession war mit besonderen Auflagen verbunden, die die Empfänger einzuhalten hatten. Sie sollten alles vermeiden, „was ärgernüß geben könnte“ und „sich stille und eingezogen“ verhalten. Die Anzahl von zehn Personen, sechs aus Bernburg und vier weitere aus Nienburg und Dessau, sollte nicht überschritten werden.

Inhaltliche Einordnung

Das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schana (hebräisch ‚Haupt des Jahres, Anfang des Jahres‘) wird als Jahrestag der Weltschöpfung und der Erschaffung Adams gefeiert. Es ist der Beginn einer zehntägigen Bußzeit, die „ehrfurchtsvollen Tage“, die mit dem großen Fasttag Jom Kippur enden. Nach dem gregorianischen Kalender fiel das Neujahrsfest 1681 in den Monat September. Am Vormittag des Neujahrstages wird ein Gottesdienst zelebriert, der nach orthodoxer jüdischer Tradition die Teilnahme von mindestens zehn im religiösen Sinne erwachsenen Männern, eine „Minjan“, erfordert. Somit erklärt sich der Wunsch des Bittstellers Joseph Michael, neben den sechs Teilnehmern aus Bernburg noch vier weitere aus dem Umland zur Feier hinzuzuziehen.

Der landesherrliche Schutz, den der Fürst einzelnen jüdischen Familien auf Antrag gewährte und verbriefte, garantierte ihnen nicht nur die Sicherheit von Person und Eigentum, sondern auch die private Religionsausübung, allerdings mit Einschränkungen. Gebet und Gottesdienst durften nur in aller Stille und geheim im eigenen Haus verrichtet werden, wie es dem Schutzbrief für Joseph Michael vom 15. September 1667 zu entnehmen ist.

Viktor Amadeus gestattete den jüdischen Einwohnern seiner Residenzstadt zwar gottesdienstliche Zusammenkünfte, verwehrte ihnen für diesen Zweck aber die Einrichtung einer Synagoge. Die gemeinschaftlichen Gottesdienste sollten jahrweise wechselnd in unterschiedlichen Häusern stattfinden. In der Folge konkurrierten die jüdischen Gemeindemitglieder um die besondere Ehre der Ausrichtung im eigenen Haus. Joseph Michael, der ab 1697 als „Hofjude“ in Erscheinung trat, richtete im Untergeschoss seines neu gebauten Hauses einen großzügig gestalteten Gebetsraum ein, dessen Ausstattung dem einer Synagoge sehr nahekam. Die fürstliche Erlaubnis zur Errichtung einer Synagoge sollte die jüdische Gemeinde in Bernburg jedoch erst im Jahr 1740 erhalten.

 

Überlieferungsgeschichte

Nach Ausfertigung der Neujahrsfestkonzession im August 1681 fand das vorliegende Konzept neben Schutzbriefgesuchen und -entwürfen Eingang in einen mit dem Titel „Judensachen“ versehenen Aktenband der Landesregierung Bernburg aus dem Zeitraum 1669 bis 1712. Als Teil der archivalischen Quellenüberlieferung des ehemaligen Fürstentums Anhalt-Bernburg wurde dieser Band im Anhaltischen Haus- und Staatsarchiv Zerbst Ende des 19. Jahrhunderts der Gliederungsgruppe „C 15 Die Judenschaft“ des neu gebildeten Pertinenzbestandes „Z 18 Abteilung Bernburg“ zugeordnet. In dieser Form wird er noch heute am Standort Dessau des Landesarchivs Sachsen-Anhalt verwahrt und kann mittlerweile online recherchiert werden. Eine Einsichtnahme ist im Lesesaal in Dessau möglich.

Das Konzept der Konzession können Sie hier herunterladen:

LASA, Z 18, C 15 Nr. 1 Bd. II, Bl. 18-19

LASA, Z 18, C 15 Nr. 1 Bd. II, Bl. 19 RS