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(Umwelt-)Bewegung

Der Protest gegen die verheerende Umweltsituation in der DDR reichte von individuellen Eingaben bis zur politischen Opposition. Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl zog 1986 eine zunehmende Vernetzung der Umweltbewegung in der DDR nach sich – die Gründung einer Umweltbibliothek in Berlin stärkte den Informationsaustausch.

Die SED hatte seit 1980 als institutionellen Rahmen für Umweltschützer eine Gesellschaft für Natur und Umwelt beim Kulturbund aufgebaut, die 1989 in Halle anlässlich des Weltumwelttages in Abgrenzung von der oppositionellen Umweltbewegung ein „ausgewogenes, breit gefächertes, viele Interesse und Tätigkeiten umfassendes Programm“ realisieren und eine „sozialistische Umweltpolitik“ propagieren sollte.

Die offiziellen Verlautbarungen zum Umwelttag riefen den Widerspruch derjenigen hervor, die „aus einem der dreckigsten und schmuddeligsten Bezirke der DDR“ kamen.


Detailliert schilderten Eingaben nicht nur die alltägliche Wahrnehmung der Umweltbelastung, sondern formulierten klare politische Forderungen:

Die „Schluderei“ sei nicht länger zu ertragen und „für diesen Staat äußerst blamabel“; die „Offenlegung aller wahren Umweltwerte“ stünde ebenso an wie die Durchsetzung des Verursacherprinzips und „breite Aufklärungskampagnen in der Bevölkerung“.


Auch wenn 1988 in Halle ein Gespräch mit einer kirchlichen Umweltgruppe noch missverstanden wurde als „insgesamt sachliche Diskussion“ –

die Umweltbewegten fühlten sich längst „frustriert durch die Antworten und die Versuche uns zu entmündigen“. Die Opposition verlangte „eine freie umfassende Information, Offenheit und breite Kontrollmöglichkeiten“.


Penibel wurden beim Rat des Bezirkes die eingegangenen Eingaben analysiert:

Die Empörung stieg vor allem bei jenen, die in der Nähe von Industriezentren wohnten, „bei denen die Gesundheit der Bürger wahrscheinlich als zweitrangig gilt“.

Auch der Umweg über westdeutsche Medien rückte eine aus der alltäglichen Wahrnehmung längst bekannte Umweltsituation ins Bewusstsein.


Und trotz aller Beschwichtigungen („Unsere Kernkraftwerke sind sicherheitstechnisch so konstruiert, projektiert und gebaut, dass auch bei dem größten anzunehmenden Unfall Auswirkungen auf die Umwelt durch Sicherheitseinrichtungen verhindert werden.“) blieb seit 1986 die Forderung virulent, auf den Bau eines Atomkraftwerkes im Bezirk Magdeburg zu verzichten.