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Gab es Zwangsarbeit in der DDR?

Im fast bis zum letzten Platz gefüllten Vortragsraum der Abteilung Merseburg des Landesarchivs Sachsen-Anhalt ging Herr Justus Vesting M. A. (MLU Halle-Wittenberg) am 2. Mai 2019 in seinem Vortrag „Zwangsarbeit im Chemiedreieck. Strafgefangene und Bausoldaten in der Industrie der DDR“ der Frage nach, ob es Zwangsarbeit in der DDR gegeben hat.

Zu Beginn seines Vortrages unternahm Herr Vesting in Anlehnung an das ILO (International Labour Organization) Übereinkommen vom 28. Juni 1930 den Versuch, Zwangsarbeit definitorisch zu fassen. Hierbei erfolgte durch Vesting eine Abgrenzung zum menschenverachtenden NS-System der Zwangsarbeit, bei dem über 13 Millionen zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im 2. Weltkrieg im Deutschen Reich arbeiten mussten.

Im weiteren Verlauf beleuchtete Vesting die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der DDR, ehe unter Hinzuziehung von zahlreichen Abbildungen, Zeitzeugenberichten und anderen Quellen der Einsatz von Strafgefangenen und Bausoldaten im Chemiedreieck zwischen Dessau, Halle und Bitterfeld vorgestellt wurde. Der Fokus der Betrachtung lag dabei auf den Chlor- und Aluminiumbetrieben in Bitterfeld und den Strafvollzugseinrichtungen in Bitterfeld und Raßnitz.

Am Ende seines Vortrages konstatierte Vesting, dass es seines Erachtens Zwangsarbeit in der DDR gegeben habe. Demnach seien die drei Tatbestandsmerkmale hierfür, nämlich Zwang, Diskriminierung und Inkaufnahme von Gesundheitsschäden, beim systematischen Einsatz von Häftlingen und Bausoldaten in DDR gegeben. Besonders umfangreich sei dabei die Zwangsarbeit im größten Industrieballungsraum der DDR, dem Chemiedreieck gewesen.

Die Ergebnisse der Forschungen von Herrn Vesting, bei denen auch zahlreiche Archivbestände des Landesarchivs Sachsen-Anhalt zu Rate gezogen wurden (bspw. K 6 Ministerium für Wirtschaft und Verkehr, M 555 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Halle, I 506 IG Farbenindustrie AG, Chemische Werke Bitterfeld, I 507 VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld, I 509 VEB Chemiekombinat Bitterfeld, I 529 Kombinat VEB Chemische Werke Buna), erschienen bereits im Druck.