Ungewissheiten
Wenige Monate nach dem Fall der Mauer zieht sich in den Wochen von Volkskammerwahl und beginnender Privatisierung die Wahrnehmung eines tiefgreifenden Umbruchs durch die Quellen. Und nicht nur in den volkseigenen Betrieben wurden die neuen Rahmenbedingungen in einer Vielzahl von Informationsveranstaltungen präsentiert.
Der FDGB sah die „alten Strukturen des Gewerkschaftsaufbaus“ als „überwunden“ an und registrierte zugleich eine nachlassende Bereitschaft „Funktionen zu übernehmen“.
Auch Tabubereiche der vermeintlichen deutsch-sowjetischen Freundschaft wurden jetzt öffentlich wahrgenommen.
Die „Zusammenarbeit mit dem Territorium“, so klagte ein Betriebsdirektor, sei „durch die Wende zusammengebrochen“ – doch ehemaligen Kräften der Zivilverteidigung wurde eine neue Perspektive in einer Abteilung Umweltschutz eröffnet.
Der Übergang in die Marktwirtschaft und in neue Verwaltungsstrukturen wurde längst auf allen Ebenen vorbereitet.
Auch die Staatsarchive sahen sich in den Monaten des revolutionären Umbruchs mit außergewöhnlichen Problemen der Überlieferungssicherung konfrontiert.
Erhebliche Veränderungen historischer Quellen zog im Frühjahr die von der Modrow-Regierung eingeräumte Möglichkeit zur „Bereinigung“ der Kaderakten nach sich.