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Verzeichnis der in der Kommune Salzwedel wohnenden Israeliten vom 26.10.1809

Quellenkritische Einordnung

Die in der Unterpräfektur Salzwedel des Elbdepartements angelegte Akte mit der Signatur B 19d, Nr. 100 enthält 172 Blatt und ist Teil der im Landesarchiv Sachsen-Anhalt verwahrten Überlieferung des Königreichs Westphalen. Dies bestand von 1807 bis 1813 und umfasste mit dem linkselbischen Teil des Herzogtums Magdeburg, dem Fürstentum Halberstadt, der Altmark, der Grafschaft Hohnstein und weiteren Gebieten auch einen größeren Teil des heutigen Sachsen-Anhalts. Aufbau und Gliederung von Verwaltung und Justiz sowie die Einteilung des Territoriums des Königreichs erfolgten nach französischem Vorbild. Die überlieferten Unterlagen sind demzufolge nach Departements und innerhalb dieser - wie im Archivwesen üblich - nach den hier tätig gewesenen Behörden geordnet. Sie enthalten neben den üblichen Polizei-, Kommunal-, Medizinal-, Steuer- und sonstigen Finanzangelegenheiten auch Akten über die Umsetzung der Dekrete auf diesen und anderen Gebieten, wie zum Beispiel zur jüdischen Bevölkerung im Königreich.

Inhaltliche Einordnung

Die auf dem Code Napoléon beruhende Konstitution des Königreichs Westphalen vom 7. Dezember 1807 legte die „Gleichheit aller Untertanen vor dem Gesetz und die freie Ausübung des Gottesdienstes der verschiedenen Religionsgesellschaften“ fest. Schon wenige Wochen später, am 27. Januar 1808, trat das „Dekret, welches die den Juden aufgelegten Abgaben aufhebt“, in Kraft. Am 31. März 1808 folgte das „Dekret, welches die Einrichtung eines Konsistoriums und die Bestellung von Syndiken zur Aufsicht über den jüdischen Gottesdienst“ anordnete. Zur Durchsetzung der in diesen Dekreten festgeschriebenen Rechte und Pflichten der Juden gehörte zunächst die Erfassung der im Königreich lebenden Juden. Die in diesem Zusammenhang entstandene Akte enthält sowohl die vom Präfekten des Elbdepartements zu diesem Zweck erlassenen Anordnungen sowie auch die daraufhin von den Kanton- und Kommun-Maires [Bürgermeister] der Distrikte eingesandten Verzeichnisse über die im jeweiligen Land- oder Stadtkanton wohnenden Juden. Mit deren Registrierung war die Pflicht für die Juden verbunden, einen „Beinamen“ (Familiennamen) anzunehmen, diesen in das Register eintragen zu lassen und künftig beizubehalten. Er sollte auch von deren Kindern getragen werden und durfte bei Strafe nicht verändert werden. Von der Wahl ausgenommen sollten Namen von Städten sowie Namen von „bekannten“ Familien sein. Bei der Eintragung der Namen war auch die Anzahl der Kinder und deren Alter anzugeben und anhand entsprechender Urkunden glaubhaft zu belegen. Die entstandenen Listen geben somit nicht nur Zahl und Namen der jüdischen Einwohner eines Ortes und deren Familien wieder, sondern enthalten auch Angaben zum Alter und zum ausgeübten Gewerbe der Juden. Ein in der Akte überliefertes Beispiel hierfür ist das vom Maire des Stadt- und Landkantons Salzwedel dem Unterpräfekten übersandte Verzeichnis der im Oktober 1809 in Salzwedel lebenden Juden. Hierbei handelte es sich überwiegend um verheiratete Männer mit ihren Frauen und Kindern sowie um unverheiratete Männer, aber auch um zwei Witwen und eine als Dienstmagd arbeitende junge Frau, so dass zu dieser Zeit von 33 jüdischen Einwohnern ausgegangen werden kann. Die in der Spalte „Stand und Gewerbe“ vorgenommenen Eintragungen (zumeist Kaufmann oder „handelt“, in einem Fall „Commissionär“) verdeutlichen, wie eingeschränkt die beruflichen und gewerblichen Möglichkeiten für Juden waren. Unter „Bemerkungen“ fügte der Maire noch Einschätzungen zu den Vermögensverhältnissen hinzu, wie etwa „nähret sich gut“, „ist vermögend“, aber auch „ist arm“ oder „ist sehr arm“. Damit vermittelt das Verzeichnis einen gewissen Eindruck von den Lebensverhältnissen der seinerzeit in Salzwedel lebenden Juden.

Überlieferungsgeschichte

Im Zuge der Gleichstellung der Juden wurden auch in den anderen Departements des Königreichs Westphalen Verzeichnisse der dort wohnenden Juden angelegt, wurden - wie von den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden - auch von den Synagogengemeinden die Kirchenbücher bzw. Zivilstandsregister geführt und deren Duplikate den zuständigen Gerichten übergeben. Letztere sind daher in die Bestände der Amtsgerichte (C 129 und C 131) gelangt und können heute eine wichtige Ergänzung beispielsweise für orts- und personengeschichtliche Forschungen sein. Interessante Quellen zur jüdischen Bevölkerung während der französischen Besetzung dürften aber auch in den kommunalen Archiven sowie im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz zu finden sein, das die Überlieferung der oberen Behörden des Königreichs Westphalen verwahrt.

Die Verzeichnung der Unterlagen der Unterpräfektur Salzwedel zu den sogenannten „Judensachen“ finden Sie hier.

 

 

Die Verordnung des Präfekten des Elbdepartements zur Ausführung des hier erwähnten Dekrets vom 31. März 1808 können Sie hier herunterladen:

LASA, B 19d, Nr. 100, Bl. 6 VS

LASA, B 19d, Nr. 100, Bl. 6 RS

 

Das Verzeichnis der in der Kommune Salzwedel wohnenden Israelitenvom 26.10.1809 können Sie hier herunterladen:

LASA, B 19d, Nr. 100, Bl. 120 – 121