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Regulativ zur Erleichterung des Meßhandels der ausländischen Juden, 1772–1814

Quellenkritische Einordnung

Als ein Ergebnis der Französischen Revolution wurde am 11. März 1812 das „Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate“ erlassen, das verkürzt als Emanzipationsgesetz bezeichnet wird. Dieses Edikt markiert einen wichtigen Wendepunkt in der jüdischen Geschichte Deutschlands und insbesondere auch für diejenigen sächsischen Gebiete, die infolge des Wiener Kongresses 1815 an das Königreich Preußen gelangt sind und heute den südlichen Teil von Sachsen-Anhalt bilden. Bereits zuvor gab es im Königreich Sachsen Bestrebungen zur Emanzipation und wirtschaftlichen Assimilation der Juden. Erste Erleichterungen brachte das von Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen bereits am 5. Mai 1772 erlassene „Regulativ wegen Erleichterung des Meß-Handels der ausländischen Juden“, das unter bestimmten Bedingungen die Ausstellung von Freipässen für Juden aus dem Ausland vorsah, die hauptsächlich zum Verkauf zu den beiden Messen nach Leipzig und Naumburg reisten und dadurch von den bislang üblichen Abgaben befreit wurden.

In den folgenden Jahren wurde diese Abgabenbefreiung kontinuierlich erweitert, so beispielsweise am 26. August 1806 für alle Juden aus Frankreich und am 13. Juni 1810 für die die Leipziger und Naumburger Messe besuchenden Juden aus dem Herzogtum Warschau, aus Russland, aus der Türkei und aus dem österreichischen Teil von Galizien. Die aus diesen Ländern nach Leipzig oder Naumburg anreisenden Juden waren fortan bei ihren Messebesuchen hinsichtlich der Abgaben den christlichen Ein- und Verkäufern gleichgestellt. Dies führte zu einer Erleichterung des Handels auf den Messen und einer beginnenden Normalisierung des jüdischen Lebens in Deutschland.

Neben der bekannten Leipziger Messe gab es in der Stadt Naumburg (Saale) seit dem Mittelalter die Peter-Pauls-Messe, die überregionale Bedeutung hatte.

Inhaltliche Einordnung

Im hier als Abbildung vorliegenden Verzeichnis werden alle ausländischen Juden aufgelistet, welche 1812 zur Peter-Pauls-Messe nach Naumburg gekommen waren mit Ausnahme der Juden aus dem Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen, für die es eine separate Auflistung gab, weil sie bereits zuvor durch eine Sonderregelung von Abgaben beim Besuch der Messe befreit worden waren.

Aufgeführt sind in der Tabelle insgesamt 322 Namen verschiedener jüdischer Personen, darunter im Übrigen keine Frauen. Als Herkunftsorte werden vor allem nahegelegene Orte in Anhalt wie Dessau, Bernburg, Jeßnitz oder Gernrode, aber auch weit entfernte Städte wie Berlin, Warschau, Danzig oder Amsterdam genannt. Ferner wurden die eingeführten und von den Juden in Naumburg gekauften und exportierten Waren aufgelistet, darunter zum Beispiel Galanterie- und Schnittwaren, Flanell und Tuch. Bei etwa der Hälfte der Personen sind keine Waren angegeben, woraus hervorgeht, dass es sich lediglich um Besucher der Naumburger Messe handelte, die keinen Handel trieben.

Überlieferungsgeschichte

Die etwa 500 Seiten umfassende Akte über das Regulativ zur Erleichterung des Messhandels der ausländischen Juden aus den Jahren 1772–1814 befindet sich im Landesarchiv Sachsen-Anhalt im Bestand „Hochstift Naumburg und Fürstentum Sachsen-Zeitz. Akten der Rentkammer“ unter der Gliederungsgruppe „Gleits- und Land-Akzisesachen“ und trägt die Signatur A 30b II, I Nr. 838. Hierin wurden Archivalien der Rentkammer des Hochstifts Naumburg zusammengefasst und nach deren Auflösung im Zuge der 1815 auf dem Wiener Kongress erfolgten Abtretung sächsischer Gebiete an das Königreich Preußen der Vorgängerbehörde des heutigen Landesarchivs in Magdeburg übergeben.