5. bis 11. Oktober: Jubiläum
Die feierliche Verabschiedung einer FDJ-Delegation zum vorabendlichen Berliner Fackelzug und die Überreichung eines Lenin-Wandteppiches vermitteln einen Eindruck von den Bemühungen, zum 40. Jahrestag der DDR den deutschen
Teilstaat als "lebendiges Beispiel der Treue zu den Ideen des Marxismus-Leninismus und ihrer schöpferischen Verwirklichung" zu inszenieren.
Die Angst vor dem Einsatz von Armee, Polizei und Kampfgruppen gegen Demonstranten ließ sich durch die bemühte Volksfest-Idylle des 7. Oktober nicht verdrängen.
In Dresden, Leipzig und Berlin kam es zu größeren Demonstrationen, die weder der Weltöffentlichkeit noch den ausländischen Festtags-Delegationen entgingen.
Der Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei formulierte einen so stolzen wie realitätsfern Tagesbefehl zum „Schutz der sozialistischen Errungenschaften“:
Zwei Tage nach dem Nationalfeiertag (und parallel zum Leipziger Tag der Entscheidung) „bewegten sich zirka 4.100 Personen in den Magdeburger Dom“, denen Einheiten der Volkspolizei-Bereitschaft, drei Hundertschaften der Volkspolizei und 1.268 „Kämpfer der Kampfgruppen der Arbeiterklasse“ gegenüberstanden.
Auch in Halle kam es jetzt, von der Marktkirche ausgehend, zu einer ersten Montagsdemonstration – die im Raum Halle stationierten Armee-Einheiten waren an diesem Tag in erhöhte Gefechtsbereitschaft versetzt, 40 Verhaftete illustrierten die staatliche Entschlossenheit.
Das Schauspiel Halle und das Neue Theater verlangten einen „offene[n] Dialog über die Ursachen von Unzufriedenheit, Fehlentscheidungen und Resignation“ und hofften, dass „der Knüppel nicht das letzte Argument ist“.