Musik
Konzerte am Arbeitsplatz (beispielsweise im Leuna-Kombinat) und die Singebewegung gehörten ebenso zum Spektrum der DDR-Musik wie ein zurückhaltend-widersprüchlicher Umgang mit Richard Wagner. Zwischen 1953 und 1963 fanden in Dessau im Frühjahr jährliche Wagner-Festspiele statt, während es in Magdeburg erst 1989 zu einer in der Selbstwahrnehmung „mutigen, herausfordernden, außergewöhnlichen“ Aufführung kam.
Bis in das Frühjahr 1989 wirkte ein Konzert aus dem Jahr 1976 fort: Nachdem Wolf Biermann am 13. November eine Tournee in der Bundesrepublik eröffnet hatte, verkündete die DDR drei Tage später seine Ausbürgerung. In seinem live vom WDR-Hörfunk übertragenen Auftritt hatte Biermann sich auch kritisch zum Alltag in den volkseigenen Betrieben und zur „Selbsthilfe der Arbeiter“ geäußert. Die SED zitierte daraufhin empörte Zurückweisungen derjenigen, die sich „tief in unserer Arbeiterehre“ verletzt sahen.
Prominente Schriftstellerkollegen solidarisierten sich öffentlich mit Biermann – einhundert von ihnen verließen bis 1989 die DDR.<br/>Vergeblich verwies der Ende 1956 aus der Bundesrepublik übergesiedelte Werner Steinberg auf Biermanns Grundaussage, „dass er die DDR für den zukunftsträchtigen deutschen Staat hält, der – bei aller Kritik im Detail – unsere einzige Hoffnung ist.“
Auch eine jugendlichen Subkultur, auf die von SED, FDJ und MfS nach einer Eskalation im thüringischen Altenburg seit Juli 1976 mit einem härteren Vorgehen reagiert wurde, identifizierte sich mit dem ausgebürgerten Sänger.
Einem Ende 1976 einsetzenden kulturellen Exodus musste die alltägliche Ausgrenzung folgen.