Rückblick auf die Friedliche Revolution: Dr. Willi Polte und Dieter Steinecke im Gespräch
Am 18. November eröffnete das Landesarchiv in Magdeburg seine Veranstaltungsreihe „Revolution im Rückblick. Zeitzeugen im Gespräch zur Friedlichen Revolution“. Zu Gast waren der Magdeburger Oberbürgermeister a. D. Dr. Willi Polte und Landtagspräsident a. D. Dieter Steinecke. Nach den Einführungen von Dr. Detlev Heiden, Leiter des Landesarchivs, und Dr. Ralf Lusiardi, Leiter der Abteilung Magdeburg, entwickelte sich ein sehr angeregtes und anregendes Gespräch der beiden Zeitzeugen. Im Mittelpunkt standen dabei die Ereignisse im Oktober und November 1989, der Neuanfang in der Kommunalpolitik und -verwaltung nach der ersten freien Kommunalwahl am 6. Mai 1990 und die Herausforderungen der Umgestaltung Magdeburgs ab 1990.
Sehr eindrücklich schilderten beide Gäste ihre persönlichen Erinnerungen an das Montagsgebet am 9. Oktober im Magdeburger Dom, dessen friedlicher Verlauf als entscheidende Wende in der Wahrnehmung der bis dahin äußerst repressiv auftretenden Staatsmacht erlebt wurde.
Thematisiert wurden auch die Stimmungen in der Bevölkerung nach dem Mauerfall, bei denen schon früh die politischen Ziele der DDR-Opposition überlagert wurden vom Wunsch nach D-Mark und deutscher Einheit. Kritische und bedauernde Töne äußerte hier besonders Herr Dr. Polte als Protagonist der am 18. November in Magdeburg vollzogenen Gründung des Regionalverbandes der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP).
Die beiden Zeitzeugen reflektierten ihre unterschiedlichen Parteizugehörigkeiten und stellten einhellig fest, dass parteipolitische Orientierungen in der gemeinsamen Arbeit für den Aufbruch der Stadt Magdeburg nachrangig waren. Bei beiden kam die besondere Freude an der Kommunalpolitik zum Ausdruck, die sie wegen der Nähe zu den Bürgern und der Möglichkeiten zur konkreten Verbesserung der Lebensverhältnisse schätzten, aber auch aufgrund der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung als Grundlage einer demokratischen Gesellschaft.
Daher richteten sie auch einen abschließenden Appell zum politischen und gesellschaftlichen Engagement an die zahlreichen und aufmerksamen Zuhörer. Auch wenn nach jahrzehntelanger Prägung durch zwei Diktaturen in Ostdeutschland die Entwicklung einer demokratischen Kultur Geduld erfordere, bleibe es doch wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger sich für ein demokratisches und tolerantes Miteinander und für ein geeintes Europa einsetzten.