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Projekt „Intensiverschließung von Unterlagen der SED Kreisleitungen - Bezirk Halle“

Seit dem 1. Oktober 2020 läuft am Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg das vom Bundesministerium für Wirtschaft/dem Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer geförderte Projekt zur Intensiverschließung der Sitzungsprotokolle der Sekretariate der Kreisleitungen des Bezirkes Halle.

Bei den Projekt-Beständen handelt es sich um insgesamt 735 laufende Meter Archivgut (also über 7.000 Archivkartons) welche die Sekretariatsprotokolle von insgesamt 31 Kreisleitungen (22 territoriale, 4 Stadt-/Bezirksleitungen von Halle und 5 Sonderkreisleitungen (z. B. Mansfeld Kombinat) beinhalten. Diese waren bereits zum größten Teil intensiv erschlossen, d. h. mit Enthält Vermerken versehen. Es gab aber noch Lücken, vorrangig für die 1950er und 1980er Jahre.

Bisher wurden im obengenannten Projekt neun der insgesamt 22 zu bearbeitenden Kreisleitungen abgeschlossen, darunter Merseburg, Quedlinburg und die Parteileitung der Martin-Luther-Universität Halle (MLU). Die alle vierzehn Tage stattfindenden Sekretariatssitzungen ähneln sich von den Themen sehr stark. So sind umfangreiche Berichte zur aktuellen innen- und außenpolitischen Situation in den Kreisen und fortlaufende Lagebeschreibungen wichtiger industrieller oder landwirtschaftlicher Betriebe und der Massenorganisationen fast in allen Akten zu finden. Diese thematisieren häufig die Erfüllung des Volkswirtschaftsplanes, die „politische Massenarbeit“ oder die politisch ideologische Kontrolle der Mitarbeiter. Viele Vorlagen und Besprechungen behandeln aber auch die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln oder Konsumgütern. Eingaben wurden analysiert und Maßnahmen ergriffen, um der Kritik von Bürgern zu begegnen.

 

Daneben behandeln die Tagesordnungspunkte der Sitzungen auch sehr viel Parteiinternes, wie den Einsatz und die Gewinnung von Kadern und teilweise sehr detaillierte Parteiverfahren gegen Parteimitglieder. Gerade letztere lassen häufig auch einen Rückschluss auf die Wertevorstellungen der SED und die intendierte Außenwirkung zu.

 

Dennoch hat jede Kreisleitung auch ihre Eigenarten und Besonderheiten. So beschäftigte sich beispielsweise das Sekretariat des Kreises Merseburg neben der Braunkohlenförderung auch mit der Versorgung der Diabetiker im Kreis; die Parteileitung der MLU wertete umfangreich und detailliert den 17. Juni 1953 aus und das Sekretariat der Kreisleitung Quedlinburg setzte sich vergleichsweise intensiv mit der Republikflucht und dem „Menschenhandel“ auseinander.

Da es sich fast ausschließlich um interne und vertraulich eingestufte Berichte und Diskussionen handelt, bilden die Protokolle einen „unverstellten“ Blick auf die SED- Kreispolitik und besitzen einen besonders hohen historischen Wert: Forschende finden in den Akten mitunter bemerkenswerte Selbstreflexion und -kritik der Parteifunktionäre. Gleichzeitig zeigt sich, dass der 9. November 1989 und die nachfolgenden Auflösungserscheinungen für viele Parteifunktionäre völlig unerwartet kamen.

Somit lässt sich an den Protokollen der Sekretariatssitzungen der Kreise eine Entwicklung der SED-Politik in allen Bereichen bei der Umsetzung der „kommunistischen Idee“ nachvollziehen. Gleichzeitig bietet dieser Quellenkorpus auch Antworten und Material für verschiedenste historische Fragestellungen wie z. B. Jugend- und Frauenförderung, Kunst und Kultur oder die Sommerferiengestaltung für Kinder. Darüber hinaus sind lokale Ereignisse, wie das Kirschfest in Naumburg oder das Gedenken an „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn in Freyburg ebenfalls enthalten.

Über den weiteren Projektverlauf und die Onlinestellung der Erschließungsinformationen informieren wir Sie auf dieser Website.